Sonntag, 9. März 2014

Tag 68: Das Keyboard


Ich will ein Klavier. Seit ungefähr 26 Jahren. Ich habe es mir als Kind zu jedem einzelnen Geburtstag und zu jedem Weihnachtsfest gewünscht. Meine Eltern blieben hart. Wir wohnten damals in einem Hochhaus, mit Nachbarn oben, unten, und nebenan. Ein Klavier kam da auf der Liste der unwillkommenen Anschaffungen gleich nach Pitbull. 

Zu meinem 24. oder 25. Geburtstag schenkte mir dann mein damaliger Freund dieses Keyboard. Ich kellnerte damals in einer Bar und musste am Tag vor meinem Geburtstag arbeiten. Meine Freunde waren in die Bar gekommen und irgendwann kam mein Freund mit dem Keyboard auf der Schulter. Er hatte eine große rote Schleife darum gebunden, in etwa so wie man das macht, wenn man Autos verschenkt. Wir waren damals noch nicht lange zusammen. An diesem Abend fand ich ihn ziemlich toll. 

Man muss dazu wissen, dass ich, was Geschenke betrifft, nicht ganz einfach bin. Das sagt zumindest mein heutiger Freund. Er hat mir mal einen Ständer für mein Fahrrad geschenkt. Zum Geburtstag. Als einziges Geschenk. Er fand das eine grandiose Idee, schließlich fiel mein Fahrrad damals immer um und der Ständer war der beste, den er finden konnte. „Das kannst Du doch gebrauchen“, versuchte er zu retten. „Das ist doch praktisch.“ 

Ich mag keine praktischen Geschenke. Ich mag auch nichts Teures, mit Geld kann man mich nicht beeindrucken. Was Geschenke betrifft, bin ich ein Mädchen. Ich mag Selbstgemachtes, Originelles, Schönes. Das Keyboard war ein ziemlicher Treffer. Mein Ex-Freund hat es gebraucht gekauft. Als er es auf der Schulter in die Bar trug mit der Schleife drum, sah es riesig aus.

Zum letzten Geburtstag habe ich ein ganz, ganz kleines Klavier bekommen. Ein selbstgebasteltes aus Pappe. Mein Freund hat mir ein Klavier aus Tonkarton gebaut. Ich glaube, es ist das beste Geschenk alles Zeiten. Nicht nur, weil es selbstgebastelt war. Sondern auch, weil ich es gegen ein echtes Klavier eintauschen durfte (okay, gegen ein E-Piano, wir haben nämlich immer noch oben , unten und nebenan Nachbarn). So wurde es zwar das wohl teuerste Geschenk, was ich je bekommen habe, aber das ist in dem Fall egal. Letzten Freitag hatte ich meine dritte Klavierstunde.

Also, liebes Keyboard. Du warst ein Bombengeschenk. Aber Deine Zeit ist abgelaufen. Ich hoffe, ich finde einen Besitzer für Dich, der sich genauso über Dich freut, wie ich mich damals. Du kannst weg.

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